Mittwoch, Februar 21

Jurek Becker: Bronsteins Kinder




Dieses Buch hat sich wirklich gelohnt. Aber ich finde, nicht so sehr wegen der Haupt-, sondern mehr wegen der Nebenhandlungen.




Die Haupthandlung erzählt von Hans, dem Abiturienten, der seinen Vater dabei ertappt, dass dieser im Waldhäuschen einen ehemaligen KZ-Aufseher gefangen hält. Hans versucht, seinen Vater zur Rede zu stellen, der scheint jedoch selber nicht so recht zu wissen, was er da eigentlich tut bzw. tun soll. Hier geht es also um Selbstjustiz und Vergeltung. Ein sehr wichtiges Thema, aber dennoch tun sich für meine Begriffe hier keine glorreichen neuen Erkenntnisse auf.

Die erste Nebenhandlung erzählt von Elle, Hans' älterer Schwester. Elle lebt in der Psychiatrie, weil sie Aggressionsanfälle gegenüber Menschen hat, deren Nasen ihr nicht gefallen. Davon abgesehen ist sie aber recht klar im Kopf und Hans bittet sie um Rat in der Waldhäuschen-Sache, was allerdings gehörig schief geht. Elle schreibt auch sehr schöne Briefe an Hans und sie hat super Tricks auf Lager, wie sie ihre Bezugspersonen im Griff behält.

Das Beste an dem Buch ist jedoch die Geschichte mit Martha. Das Buch wird aus zwei zeitlichen Perspektiven erzählt, einmal zu dem Zeitpunkt als Hans gerade Abitur macht und die Waldhäuschen-Sache passiert und aus der Perspektive ein Jahr später. Im Abiturjahr ist Martha Hans' Freundin, im Jahr danach die Ex-Freundin. Und obwohl man das ja eigentlich weiß, ist es trotzdem absolut verblüffend, wie sich die Sicht auf Martha von Kapitel zu Kapitel immer wieder ändert. Erst ist sie die liebende und geliebte Freundin und die beiden sind wirklich sehr, sehr glücklich und man kann sich nicht vorstellen, dass es eines Tages anders sein könnte. Aber schon ein paar Seiten weiter sind die beiden wie Fremde zueinander, sich völlig gleichgültig und man kann kaum glauben, dass die beiden sich mal wirklich nahe standen. Was in einem Jahr alles passieren kann, das ist erstaunlich, und was uns heute noch so unendlich wichtig erscheint ist nächstes Jahr wahrscheinlich schon lange vergessen.

Keine Kommentare: