Dienstag, Januar 15

From the other side of life

Gestern abend hab ich also endlich J. getroffen. Er führt ein Leben, das von meinem Leben komplett verschieden ist. Ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich so eine Luxus-Maus bin (zum Beispiel hat unsere Wohnung eine funktionierende Dusche und die Obdachlosenküche des Thailänders an der Ecke hab ich auch noch nie besucht) und hab dann auch seine sechs Bier bezahlt (die in der Kneipe, die er ausgesucht hatte, sowieso nichts gekostet haben).
Er wirkte sehr glücklich mit diesem Leben und immerhin konnte er um halb zwölf noch in der Kneipe sitzen bleiben und noch ein Bier bestellen, während ich nach Hause musste, nachdem ich den halben Abend Wein, dann aber Wasser getrunken hatte, um am nächsten Tag wieder zu arbeiten. Er ist heute mittag aufgestanden, hat ein bisschen Musik gehört und dann eine Weile an seinem Roman geschrieben. Ich hatte heute mittag schon drei-vier Eskalationen hinter mir und musste die Mittagspause ausfallen lassen, um klar zu kommen. Er hat heute nachmittag Freunde getroffen und saß schon längst wieder in einer Kneipe, als ich erst aus der Agentur kam und feststellen musste, dass wir kein Klopapier mehr zu Hause haben und auch längst alle Supermärkte geschlossen sind. Er hat morgen wieder ein Tag vor sich, an dem er weitestgehend selbst bestimmen kann was er tut, ich hab drei Deadlines.
Und jetzt die Masterfrage: Wem geht es alles in allem besser? Ich weiß es nicht.

Sonntag, Januar 13

Apres-Ski-Geburtstagsparty

Gerade als meine etwas angeschlagene Gesundheit anfing, sich wieder etwas zu erholen, fiel dem Keks ein, dass die Geburtstagsparty von V. in B. unter dem Motto Après-Ski steht und entsprechend draußen (!) in einem Zelt stattfindet. Weil wir komplett wahnsinnig sind nichts verpassen wollten, sind wir natürlich trotzdem hingefahren. Von den angekündigten zwei Heizstrahlern war irgendwie nur einer vorhanden, aber die Gulaschsuppe war warm und der Glühwein auch. Ich verfolgte also die Strategie, permanent einen Becher warmen Glühweins in der Hand zu haben. Nach einer Weile war mir warm, nach einer weiteren Weile fand ich die Musik auch deutlich besser. Songs wie "Herrmann Löns, die Heide brennt" und "Verliebte Fischer ziehn mit den Booten die Berge hinauf" sind ja eigentlich auch ganz witzig. Der Keks (der Autofahren musste und deshalb den Trick mit dem Glühwein für sich nicht ganz so praktikabel fand) wollte irgendwann nach Hause, was ich nicht ganz verstehen konnte. Aber ich bin froh, dass wir dann irgendwann gefahren sind, denn heute morgen hatte ich plötzlich wieder so ein leichtes Kratzen im Hals.

Freitag, Januar 11

Freitags im Büro

Meine Erkältung bessert sich, ich brauche nur noch 1 Päckchen Taschentücher pro Tag. Gestern ist mir schlecht geworden vom Erkältungstee, ich glaube, das ist eine natürliche Abwehrreaktion meines Körpers, er braucht das Zeug nicht mehr. Aber immer noch sagen alle Kunden: Mein Gott, sie klingen ja wie eine Flasche Whiskey.

Ich überlege derweil, ob ich am Wochenende arbeiten soll? In 10 Tagen muss ich zur Präsentation nach Holland und ich hab noch nix gemacht und auch keine Idee und auch keine Lust. Dafür hab ich ein eigenes Laptop bekommen, dass ich mit nach Hause nehmen darf, um damit zu Hause Solitaire zu spielen zu arbeiten. Ich bin auch darauf hingewiesen worden, dass ich im Falle eines Überfalls in der U-Bahn das Laptop rausgeben soll und nicht mit meinem Leben verteidigen. Ach so.

Mittwoch, Januar 9

Wiesu denn Blues?

Wieso denn bloß muss ich gerade jetzt, wo meine Eltern Katzentrauer tragen, zwei Katzenfutter-Projekte auf den Schreibtisch kriegen?

Wieso denn bloß muss ich gerade jetzt so krank sein, wo mein alter Schulfreund J. aus R. nach Hamburg gezogen ist, und ich mich dringend mit ihm auf ein Feierabend-Bier treffen muss? Stattdessen sitz ich zu Hause und und trinke Erkältungstee.

Wieso denn bloß muss der Keks gerade jetzt, wo er erst am Wochenende ein Auto gekauft hat, unsere Traumwohnung finden? Und jetzt haben wir auch noch ein Gebot abgegeben, obwohl wir nicht wissen, ob uns die Bank diese Unsumme von Geld überhaupt geben wird.

Montag, Januar 7

Hochzeiten haben ein Nachspiel

Die standesamtliche Hochzeit ist jetzt schon über vier Monate her und deshalb wurde es dringend Zeit, endlich die Dankeskarten zu verschicken. Dankeskarten sind Karten, mit denen man sich bedankt, dass die Gäste, nachdem sie sich für die Einladung bedankt haben, schließlich auch zur Hochzeit gekommen sind und ein Präsent überreicht haben, wofür man sich besonders herzlich bedankt. Die Gäste rufen dann bei uns an, um sich für die Dankeskarte zu bedanken. Wir bedanken uns für den Anruf.

Aber das ist noch nicht alles: Heute rief meine Mutter an und verwickelte mich erst in ein unverfängliches Gespräch darüber, wie schön die Dankeskarten seien. Aber bald schon merkte ich, woher der Wind weht:
Du, host du eigentlich da Mama vom F. a a Dankeskartn gschickt? Weil, de dad sie fei scho gfrein.
Da B. und dem R., denen hab i ja zur Hochzeit bloß a Kartn gschriem, aber i hob trotzdem a Dankeskartn kriagt. Do hob i mi fei gfreit.

Offensichtlich hatte meine Mutter eine Liste vor sich liegen, die sie jetzt abarbeitete und anhand derer sie verifizierte, ob ich auch wirklich zuverlässig alle erforderlichen Dankeskarten verschickt hatte.

Der Keks und ich werden jetzt nächstes Wochenende noch eine Dankeskartenaktion einlegen.

Sonntag, Januar 6

Wochenende im Krankenbett

Schon komisch, dass so ein Wochenende auch dann rum geht, wenn man gar nichts tut, außer verzweifelt versucht, gesund zu werden. Nachdem ich am Freitag abend noch richtig Fieber bekommen habe, hat der Keks alle unsere gesellschaftlichen Verpflichtungen abgesagt, um sich mit Leidenschaft um mich zu kümmern. Leider hat es nur bedingt geholfen. Fieber hab ich nicht mehr, aber meine Stimme klingt wie drei Tage durchgesoffen. Meine Mutter hat versucht mich durch sanften mütterlichen Druck dazu zu motivieren, morgen früh zum Arzt und nicht zur Firma zu gehen. Was sie nicht weiß, ist, dass morgen unsere freundliche Putzfrau kommt und ich deshalb zu Hause auch keine Ruhe hätte. Also gehe ich wohl zur Firma und nerve alle mit meinem Gehuste, Geschnäuze und Gejammere. Das bringt Freude im Großraumbüro!

Eine langfristige Nebenwirkung meines Krankenwochenendes ist, dass der Keks aus Langeweile zu ebay gesurft ist und ein Auto ersteigert hat. Einen Saab irgendwas Cabrio, der sehr cool ist, sagt der Keks. Brauchen wir ein Auto? Nein. Ist nur ein Spaß-Auto, sagt der Keks. Kann im Winter in der Garage stehen und im Sommer fahren wir damit Cabrio. Naja, wenn ich an den letzten Sommer in Hamburg denke, glaub ich noch nicht so dran. Aber der Keks hatte so ein Strahlen in den Augen, als er mir davon erzählt hat, da musste ich mich einfach für ihn freuen.

Allerdings gab es auch eine richtig traurige Nachricht des Wochenendes: Der Kater meiner Eltern ist seit einer Woche nicht mehr zu Hause aufgetaucht. Und das heißt wohl: Er ist zum Sterben in den Wald. Meine Eltern lassen sich nichts anmerken, aber ich merke es trotzdem, wie traurig sie sind. Janosch war unser aller Lieblingskater. Er hatte nur noch ein Auge und von Zeit zu Zeit epileptische Anfälle. Am Anfang hat er immer in die Blumentöpfe gepinkelt. Er war sehr verschmust und hat unser Grundstück so gut wie nie verlassen. Er hat uns alle drei Abitur machen und das Haus verlassen sehen und studieren und Examen machen. Er war jedes Jahr wieder über den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer erstaunt. Dieses Jahr hat er nicht mehr mitgekriegt, wie mein Vater den Weihnachtsbaum entsorgt hat.

Freitag, Januar 4

2007 in Büchern

1. Katharina Hacker, Die Habenichtse
2. Jonathan F. Franzen, Schweres Beben
3. Jurek Becker, Bronsteins Kinder
4. Andrea Maria Schenkel, Tannöd
5. Italo Calvino, Wenn ein Reisender in einer Winternacht
6. Marguerite Duras, Der Liebhaber
7. Jeffrey Eugenides, Middlesex
8. Bruce Chatwin, Traumpfade
9. Michael Ondaatje, Der englische Patient
10. Tilman Rammstedt, Wir bleiben in der Nähe
11. Julio Cortázar, Der Verfolger
12. Julien Greene, Leviathan
13. Franz Kafka, Amerika
14. Adam Langer, Crossing California
15. T.C. Boyle, Dr. Sex
16. Martin Suter, Small World
17. Miranda July, No one belongs here more than you
18. Ian McEwan, Abbitte
19. Virginia Woolf, Orlando

Die Favoriten: 2, 15, 19
Enttäuschend: 1, 10, 14

inspiriert von Lillian