Donnerstag, Januar 4

Katharina Hacker: Die Habenichtse


Das Buch muss ja eigentlich ein gutes Buch sein. Immerhin hat es den Buchpreis gewonnen. Dachte ich und so kaufte ich es, sogar als Hardcover, was ich sonst wirklich selten tue.

Isabelle und Jakob werden am 11.09.2001 in Berlin ein Paar, heiraten bald und ziehen kurze Zeit später nach London, wo Jakob für eine Anwaltskanzlei, Isabelle weiter für ihre Berliner Grafikagentur arbeitet. Die beiden leben in einem angenehmen Wohlstand vor sich hin, sind aber nicht wirklich glücklich. Jakob ist fasziniert von seinem schwulen Chef und seinem Kollegen Alistair, Isabelle dagegen von ihrem Nachbarn Jim, einem gesellschaftlichen Außenseiter, der sich mit Diebstählen und Drogengeschäften über Wasser hält. Außerdem wohnt in der Straße auch noch Sara, ein kleines Mädchen, die von ihren Eltern wie eine Gefangene gehalten und massiv vernachlässigt wird, was Isabelle beobachtet.

Das Buch bemüht sich um eine große Aktualität. Es versucht, die Stimmung nach 9/11 in Berlin und in London zu beschreiben und die Veränderungen der Wahrnehmung und des Sicherheitsempfindens. Dies finde ich überwiegend aufgesetzt und gekünstelt. Ich gebe zu, dass ich manchmal morgens erleichtert aufatme, wenn ich die U-Bahn verlasse und es ist nichts passiert. Und wenn ein Flugzeug etwas tiefer über der Stadt fliegt, krieg ich ein mulmiges Gefühl. Leider kann ich diese meine Ängste und Gefühle in dem Buch überhaupt nicht finden. Die Beschreibungen wirken eher so als würde jemand aus der Zeitung vorlesen, statt aus seinem eigenen Seelenleben.

Isabelle und Jakob sollen charakteristisch sein für die heute 30-40-jährigen, also auch für mich. Auch dies kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ich kenne viele 30-40-jährige, auch einige, die ein bisschen oberflächlich sind oder orientierungslos. Aber niemanden, der auch nur annährend so ist wie Isabelle oder Jakob. Kann das vielleicht einfach daran liegen, dass sich die Autorin täuscht in ihrer Einschätzung?

Insgesamt muss ich leider feststellen, dass mir "Die Habenichtse" nicht gefallen hat. Die Autorin demonstriert überaus deutlich, dass sie sich aller möglicher aktueller Brennpunkte bewusst ist (Drogen, Gewalt, Kindesmissbrauch, Prekariat, Terrorgefahr), lässt sich aber auf keines der Themen wirklich ein. Genausowenig wie auf ihre Figuren. Ob das wirklich Absicht war, mag ich bezweifeln.

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